Interview von Dr. Steffen Jakobs
Bei der ketogenen Ernährung werden Kohlenhydrate durch eine fettreiche Kost ersetzt. Dies führt zu einer Umstellung des Energiestoffwechsels im Körper, da nach kurzer Zeit die Kohlenhydratspeicher in der Leber und der Muskulatur erschöpft sind. Um Organen, Geweben und Zellen weiterhin Energie liefern zu können, werden in der Leber vermehrt Fette zu Ketonkörpern abgebaut. Die drei Ketonkörper Acetoacetat, Aceton und β-Hydroxybutyrat dienen der Muskulatur, dem Gehirn und anderen Organen als Energiequelle. Diesen Stoffwechselzustand nennt man Ketose. Die darauf basierende ketogene Ernährung findet in letzter Zeit zunehmend mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Der „Keto-Koch“ Erhan Korkmaz gibt im Interview spannende Einblicke in die ketogene Küche.
1. Herr Korkmaz, Sie sind bekannt als erster Keto-Koch Deutschlands. Warum haben Sie sich entschieden, eine „ketogene Küche“ anzubieten?
Ich war stark übergewichtig und wollte wieder mein Normalgewicht erreichen. Mein erklärtes Ziel war es aber nicht einfach nur abzunehmen, sondern dabei auch meine Muskelmasse zu erhalten und so viel wie möglich Fettgewebe zu verlieren. Die von mir davor ausprobierten Diäten waren diesbezüglich nicht wirklich hilfreich, entweder kam es zum Jo-Jo-Effekt und/oder ich hatte häufig Hungerattacken. Dies war und ist bei der von mir durchgeführten ketogenen Ernährung nicht der Fall. Ohne Heißhunger zu verspüren, verlor ich innerhalb von drei Monaten einen großen Teil meines Körperfettanteils. Mit der Zeit kam es zu weiteren positiven Wirkungen: Ich fühlte mich insgesamt wohler und meine Migräneattacken verschwanden fast gänzlich. Durch das Kochen von ketogenen Gerichten ergibt sich aus meiner Sicht eine tolle Möglichkeit der Ernährungsumstellung, bei der man auf nichts verzichten muss und guter Geschmack im Mittelpunkt steht.
Keto-Koch Erhan Korkmaz bei der Menüpräsentation in seiner Berliner Küche.
2. Wie sehen bei Ihnen ketogene Menüs aus?
Ich koche eine Vielzahl an verschiedenen ketogenen Gerichten. Dazu gehören zum Beispiel Burger, Pizza, Pasta, Hausmannskost oder Desserts. Als ich vor sieben Jahren mit dem Kochen von ketogenen Menüs anfing, war es gar nicht so einfach, gesunde Lebensmittel und Zutaten zu bekommen. Das hat sich mittlerweile geändert, worüber ich sehr froh bin.
Auch Burger sind in der Keto-Küche möglich. Den Burger-Bun hat Erhan Korkmaz auf Mandelbasis zubereitet.
3. Warum ist aus Ihrer Sicht eine ketogene Ernährung auch für die allgemeine Bevölkerung und nicht nur für Patienten mit bestimmten Erkrankungen wie GLUT1-Defekt, Pyruvat-Dehydrogenase-Mangel oder therapierefraktärer Epilepsie sinnvoll?
Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, dass die ketogene Ernährung mir sehr geholfen hat, überflüssige Pfunde zu verlieren. Daher kann ich sie bezüglich einer gewünschten Gewichtsabnahme und einer verbesserten Lebensqualität empfehlen. Letztlich muss aber jeder selbst entscheiden, wie er sich ernähren möchte und ob es notwendig ist, seine Ernährung an bestimmte Ziele wie die ernährungspräventive oder -therapeutische Beeinflussung von Krankheiten anzupassen.
4. Was entgegnen Sie Kritikern der ketogenen Ernährung, die zum Beispiel sagen, dass die ketogene Diät den Körper übersäuert, die Nieren belastet und zu Nierenschäden führt?
Dem kann ich nicht zustimmen. Ich ernähre mich – wie oben gesagt – bereits seit sieben Jahren ketogen und habe dadurch bis jetzt keine gesundheitlichen Beschwerden erfahren. Vor Kurzem ergaben verschiedene urologische Untersuchungen, dass meine Nieren voll funktionsfähig arbeiten und auch die Ergebnisse der Urinanalyse zeigen, dass alle Nierenparameter im Normbereich liegen. Wer sich ketogen ernähren möchte, sollte jedoch einige Grundregeln berücksichtigen. Dazu gehört es, täglich mindestens zwei bis drei Liter Wasser zu trinken und den Gerichten viele basisch wirkende Gemüsesorten beizufügen. Beispielsweise verwende ich häufig Spinat, Kohlrabi, Sellerie, Zucchini, Blumenkohl, Rosenkohl, Fenchel, Grünkohl oder grüne Bohnen. Auch frische Kräuter wie Basilikum, Schnittlauch, Petersilie und Koriander setze ich oft ein. Mein Credo bei der ketogenen Ernährung ist, dass sie viele lebenswichtige und gesunde Stoffe wie Vitamine, Mineralien, Spurenelemente und Ballaststoffe enthalten muss.
Anmerkung des Verfassers: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE e.V.) empfiehlt eine vollwertige Mischkost, bei der die Aufnahme der Fettmenge beschränkt werden und mehr als 50 % der Energiezufuhr in Form von Kohlenhydraten erfolgen sollte. Eine ketogene Ernährung entspricht nicht diesen Empfehlungen. Die Durchführung einer ketogenen Ernährung sollte am besten unter Aufsicht eines Arztes und/oder einer ernährungstherapeutischen Fachkraft erfolgen.